MIT CHRISTUS,
DURCH IHN UND IN IHM
Lieber
Bruder und liebe Schwester, das Leben ist ein Geschenk Gottes. Über uns hat
Gott “Komm” gesprochen (Gen 1, 26) und wir begannen zu sein, das Leben wurde
uns anvertraut als wertvolles Geschenk und als Aufgabe. Dieses Schöpfungswort
war gleichzeitig ein Wort der Einheit, denn es drückte den Wunsch Gottes für
sein Geschöpf aus: Es sollte nicht nur existieren, sondern seine Liebe kennen lernen
und in Gemeinschaft mit Ihm leben. Es ist auch das Wort des Menschen, der Gott
braucht und nach seiner Gegenwart verlangt, damit sie ihm in seiner
Bedürftigkeit und Begrenztheit zu Hilfe kommt und gleichzeitig die fortwährende
und unendliche Sehnsucht nach Gemeinschaft stillt, die ihm innewohnt.
Jesus ist auf
den Menschen zugekommen und hat dasselbe Wort an ihn gerichtet: “Komm und folge
mir” (Mk 1, 17). Er hat uns gerufen, mit Ihm zu
sein, bei ihm zu sein, in seiner Nähe zu leben, an seiner Seite (Joh 2, 35 –
39). Denn nur diese Nähe konnte den Menschen aus seiner Lethargie wecken, seine
Blindheit durchbrechen, seine Wunden heilen, seinen Hunger und Durst, und ihm
den Weg zurück zum Vater zeigen. Nur durch sie konnten wir die Liebe des Vaters
und das Leben Gottes selbst kennen lernen. Mit Ihm sein, Tag für Tag, hat uns
gerettet, denn es hat uns die Größe des Menschenlebens gezeigt, wenn Gott mit
uns ist. Er rettet, die draußen und die drinnen sind, alle, die Gemeinschaft
mit Ihm und mit den Brüdern und Schwestern erleben. In einer Welt wie der
unseren wird die Gemeinschaft und Einheit zum Zeichen und Sakrament der
Erlösung, indem sie das ist, was sie ist. Die Einsamkeit des Menschen
widerspricht seinem eigenen Sehnen und Wünschen; die Gemeinschaft und die
Einheit bestätigen das, wofür sein Herz geschaffen ist. Wir sind ge-rufene,
be-rufene Wesen, dazu gerufen mit Ihm zu sein, berufen Einheit zu sein.
Worin liegt
die Quelle unserer Einheit? Ihre Quelle ist die Sacrum Convivium. Jesus zieht
mit seinen Jüngern nach Jerusalem hinauf, um den Gipfel der Wahrheit über den
Menschen und seine Beziehung zu Gott zu erreichen. Das gesamte Osterfest wurde
zu einem immensen Lichtstrahl über die tödliche Sehnsucht nach Einheit, dazu
bestimmt, in etwas Endgültigem und Makellosem zu münden, das die Zeit in einer
einzigen Stunde bündelt, in der die Vergangenheit, die Gegenwart und Zukunft
durch eine unvergängliche Opfergabe besiegelt werden sollten. Am Tisch des
ersten Gründonnerstags der Geschichte konzentrierte sich der Sinn der
menschlichen Existenz inmitten dieses Universums: Die kleine Gruppe von
Freunden wurde versammelt “um eins zu sein, wie du, Vater, in mir bist und ich
in dir” (Joh 17, 20 – 26). Dies war der Grund der ersten Berufung, der Grund
für dieses brüderliche Zusammenleben mit dem Meister, Tag für Tag, der Sinn
seines Kommens zum Menschen vom Schoß des Vaters aus und der einzig mögliche
Weg, damit der Mensch zu ihm zurückkehrt. “Vollkommen eins sein”: mit Ihm und
in Ihm, mit dem Vater und im Vater; mit dem Geist und im Geist, wir untereinander,
mit der ganzen Schöpfung, mit der ganzen Welt. Während eines Essens mitten in
der Nacht hörten sie von den Lippen des Gottessohnes, dass Gott selbst gekommen
ist, um eins zu werden mit dem Menschen, damit der Mensch eins werde mit Gott.
Von hier ausgehend war es die Mühe wert, bis zur letzten Konsequenz zu gehen,
die die Liebe auferlegt, um die Distanz zwischen Gott und dem Menschen und
zwischen den Menschen untereinander definitiv zu besiegen, um das ganze
Universum mit Jenem zu versöhnen, in dem alles im Himmel und auf Erden vereint
ist (Joh 3, 14-21).
Die Eucharistie
macht diese Distanz vollkommen zunichte, denn das Leben des Menschen wird in
das Leben Gottes eingepfropft. In der Sacrum Convivium tritt der Mensch in
Christus in das Leben Gottes ein, eine tiefere Gemeinschaft wie diese zwischen
Gott und dem Menschen kann es nicht geben. Ein eucharistisches Leben ist ein
Leben in Ihm und ist deshalb ein Leben für
immer. “Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt bleibt in mir und ich in
ihm” (Joh 6, 56). Dies ist der zweite Meilenstein der Einheit, der konkrete
Dimensionen und Konsequenzen in der menschlichen Existenz hat: Es findet eine
Vermählung statt, eine Sacra Connubio, zwischen uns und Jesus Christus und in
gewisser Weise auch mit dem Menschen. Wir leben in Christus, sind also sein eigen,
gehören ihm. Unser Leben bleibt somit verwandelt, hat Auswirkungen auf die
Beziehung zwischen denen, die am eucharistischen Mahl mit Ihm und in Ihm
teilnehmen. Wir gehören uns gegenseitig, wir sind Teile desselben Körpers, wir
sind Hüter unserer Brüder und Schwestern, füreinander verantwortlich, indem wir
das Leben der anderen auf uns nehmen wie unser eigenes, wie Fleisch meines
Fleisches, in Form eines Bündnisses, das niemand brechen kann (Eucharistisches
Hochgebet der Versöhnung, I - in spanischer Version), nichts vom anderen ist mir
fremd, und jegliche Trennung und jeglicher Hass widerspricht dem, was wir sind
und essen (Benedikt XVI, Botschaft zur Fastenzeit 2012). Die Sacra Connubio
stärkt die Bande der Liebe und führt uns dazu, Amen zu Gott und zum Bruder, zur
Schwester zu sagen (Hl. Augustinus, Predigt 272).
Weil wir in
Ihm leben, verwirklicht sich unsere Arbeit und die Hingabe unseres Lebens durch Ihn, als Auftrag, Sendung und Weihe.
Durch Ihn wurden wir gesandt, um das Brot zu brechen, damit es sich vermehre,
den Kelch weiterzureichen, damit die Freude jeden Menschen erreiche, die Füße
zu waschen und dabei jede Überheblichkeit, Vormachtstellung oder
Gleichgültigkeit auszuschließen, den Frieden weiterzugeben, wie
Er ihn uns gegeben hat, und sein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit zu
suchen. Alles Lebendige und Existierende wird in Ihm, mit Ihm und durch Ihn
vermählt. Die ganze Existenz ist somit eine Messfeier, eine umfassende Messfeier,
die mitten im Alltagsrummel zelebriert wird, inmitten der Ampeln, die zwischen Grün
und Rot schalten, inmitten der Krankenhäuser und der Festivitäten der Menschen,
inmitten ihres Schmerzes und ihrer Freude, hier und dort, in Nähe und Ferne
eines jeden von uns.
Jedes
Osterfest ist eine Gnade der Bekehrung hin
zur Gemeinschaft und Einheit, die das Zentrum des Lebens ist, das Feuer,
das es nährt und der Fels, der ihm Halt gibt, denn außerhalb der Gemeinschaft
mit Ihm und den Brüdern und Schwestern gibt es kein wirkliches Leben, kein
ewiges Leben, kein Leben in Fülle (Joh 6, 51 – 58). Kehren wir zurück zu diesem
Obergemach des Lebens und der Einheit, lassen wir unsere Streitigkeiten zurück,
unsere Distanzen und Gleichgültigkeiten, unseren Hass und Groll; öffnen wir uns
für den Bund, den Er mit seinem Blut besiegelt hat; kehren wir von unseren
Ecken und Enden zurück, in die wir uns verlaufen und von den anderen entfernt
haben, und nehmen wir teil am Mahl mit Christus, in Ihm und durch Ihn. Hilf
uns, Herr, dass wir keinen Widerstand leisten gegen diese Gemeinschaft mit Dir
und mit allen Menschen, zu denen Du uns gerufen hast, und gib, dass wir uns
jeden Tag zu Dir bekehren mit der Kraft Deiner Auferstehung. Amen, Halleluja!
Eine
österliche Umarmung von unserer Gemeinschaft, die für Euch betet, Euch immer
für Euer Vertrauen und Eure Gemeinschaft dankt und Euch auf dem Lebensweg
begleiten möchte.
M. Prado
Comunidad de la Conversión